Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat die Bedeutung der Land- und Ernährungswirtschaft in der Corona-Krise betont und schnelle Lösungen zur Unterstützung des Warenverkehrs sowie der Sicherstellung der Produktion versprochen. Klöckner stellte heute in Berlin klar, dass die Versorgung mit Lebensmitteln in Deutschland gesichert sei. Es gebe daher keinen Anlass zu Hamsterkäufen. Dringend erforderlich ist laut der Ministerin allerdings die Absicherung einer funktionierenden Infrastruktur in der Lebensmittelkette. Dazu zählt sie neben der Unterstützung der Transportlogistik insbesondere auch Maßnahmen zur Sicherstellung der landwirtschaftlichen Saisonarbeit, wo sich wegen der geschlossenen Grenzen ein erheblicher Mangel an Arbeitskräften aus Osteuropa abzeichnet.
Hier müsse geprüft werden, ob Arbeitskräfte aus Branchen wie dem Catering- oder Restaurant-Betrieb, die infolge der Corona-Epidemie aktuell keine Aufträge hätten, bei Anpflanzung, Pflege und Ernte in Sonderkulturen eingesetzt werden könnten, erklärte Klöckner. In Zeiten wie diesen müsse auch über "unkonventionelle Wege" nachgedacht werden, um den Arbeitskräftebedarf zu decken. Klöckner schlägt hierzu beispielsweise den Einsatz regionaler Jobbörsen vor. Darüber hinaus stehe das Bundeslandwirtschaftsministerium in Kontakt mit osteuropäischen Ländern, um abzuklären, ob Saisonmitarbeiter eventuell per Flugzeug nach Deutschland gebracht werden könnten, so die CDU-Politikerin.
Für auf Länderebene verordnete Zulassungsbeschränkungen zu Lebensmittelgeschäften oder Mengenobergrenzen beim Kauf von Produkten sieht Klöckner zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anlass. Solche Maßnahmen wären die "falsche Botschaft", so die Ministerin. Im Falle von Überreaktionen einzelner Bürger will sie auf die Verantwortung der Marktleiter setzen. Der Einsatz der Bundeswehr beid er Sicherstellung der Lieferkette ist nach Einschätzung der Ressortchefin nicht notwendig. Hier müsse man "die Kirche im Dorf lassen", zumal die Lieferkette nach wie vor "funktioniere", betonte Klöckner.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, bekräftigte seine gestrige Zusicherung, dass die deutschen Landwirte alles dafür tun werden, damit auch in diesem Jahr die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert ist. Er zeigte sich mit Blick auf die Feldbestände und die Futtergrundlagen zuversichtlich, dass es weder bei pflanzlichen noch tierischen Nahrungsmitteln zu Engpässen kommen wird.
Rukwied ruft dazu aber die Politik auf, die Landwirtschaft nicht nur als systemrelevante Branche zu bezeichnen, sondern sie auch als solche zu behandeln. Er erwartet daher Unterstützung bei der Beschaffung von Betriebsmitteln und Lockerungen bei den arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Dringend erforderlich sei eine schnelle Lösung bei den Saison-Arbeitskräften in der Zeit von April bis Ende Oktober, betonte der DBV-Präsident. Die Lücke schätzt er auf knapp 300 000 Saisonkräfte.
Der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), Dr. Christian von Boetticher, rief dazu auf, jetzt die Vorbereitungen für den Höhepunkt der Corona-Krise zu treffen. Um dem absehbaren Mangel an Arbeitskräften zu begegnen, sind ihm zufolge weitere Flexibilisierungen bei der Regulierung der Sonntagsarbeit, bei der täglichen Arbeitszeit-Obergrenze sowie beim Einsatz von 450 Euro-Kräften erforderlich. Von Boetticher drängte zudem auf den Verzicht von umfänglichen Quarantänemaßnahmen bei Corona-Verdachtsfällen und die Versorgung der Handelshäuser mit Desinfektionsmitteln. AgE
(17.03.2020)