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Das vergangene Wirtschaftsjahr war laut dem Bundeslandwirtschaftsministerium das mit Abstand erfolgreichste der letzten zehn Jahre.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) bestätigt den Höhenflug der landwirtschaftlichen Einkommen im Wirtschaftsjahr 2022/23. Laut den Buchführungsergebnissen der BMEL-Testbetriebe verzeichneten die Haupterwerbsbetriebe im abgelaufenen Wirtschaftsjahr einen Gewinn von durchschnittlich 113.900 Euro. Das war noch einmal ein Anstieg im Vergleich zum bereits guten Vorjahr um 39%. Je Arbeitskraft stiegen die Einkommen im Mittel um 32% auf 61.000 Euro.
Das vergangene Wirtschaftsjahr war damit das mit Abstand erfolgreichste in den vergangenen zehn Jahren. Dass die Betriebe nun zum zweiten Mal in Folge ein starkes Ergebnis erzielt haben, sei eine "sehr gute Nachricht", sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bei der Vorstellung der Ergebnisse am Dienstag (21.5.) vor Journalisten in Berlin. Die BMEL-Zahlen entsprechen weitgehend den Ergebnissen, die der Deutsche Bauernverband (DBV) in seinem Situationsbericht Ende 2023 vorgestellt hatte. DBV-Präsident Joachim Rukwied warnte vor falschen Schlussfolgerungen.
In schwierigen Fahrwassern
Rukwied zufolge stellt sich die Einkommenssituation im laufenden Wirtschaftsjahr völlig anders dar. Er sprach davon, dass sich die Landwirtschaft inzwischen in "schwierigen Fahrwassern" befinde. "Nach den uns vorliegenden Zahlen müssen wir für das aktuelle Wirtschaftsjahr 2023/24 mit einem Gewinneinbruch zwischen 30 und 50% im Vergleich zum Vorjahr rechnen", sagte Rukwied. Die Erzeugerpreise bei den meisten wichtigen pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen seien gegenüber dem vorausgegangenen Wirtschaftsjahr deutlich gefallen.
Haupttreiber der guten betriebswirtschaftlichen Entwicklung waren damals die durch den russischen Angriff auf die Ukraine ausgelösten Preissteigerungen bei Agrarerzeugnissen. Die gestiegenen Betriebskosten für Energie, Futter und Düngemittel hatten dadurch überkompensiert werden können.
Parteiübergreifende Anstrengungen nötig
Allerdings warnte auch Özdemir davor, sich angesichts der guten Zahlen im Wirtschaftsjahr 2022/23 in "falscher Sicherheit zu wiegen". Notwendig seien parteiübergreifende Anstrengungen, um unnötige Bürokratie abzubauen, Perspektiven zu schaffen und stabile Einkommen zu sichern. Der Grünen-Politiker bekräftigte sein Ziel, die Marktmacht der Erzeuger in der Wertschöpfungskette Milch zu steigern. Dazu beitragen könnten staatliche Vorgaben für Milchlieferverträge, wie sie mit einer nationalen Anwendung von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) verbunden seien.
Auch eine langfristige Finanzierung höherer Tierwohlstandards, wie sie die Borchert-Kommission vorgeschlagen habe, sei nach wie vor "nicht vom Tisch", betonte Özdemir. Ob es noch einen Durchbruch geben könne, hänge auch davon ab, wie sich die Opposition verhalte. Die Union müsse sich stärker zu den Beschlüssen der von der Vorgängerregierung eingesetzten Experten-Kommissionen bekennen, forderte der Minister.
Größere Haupterwerbsbetriebe vorn
Die Ackerbaubetriebe kamen Buchführungsergebnissen der Testbetriebe im Wirtschaftsjahr 2022/23 zum Vorjahr auf 117.393 Euro je Unternehmen. Das entsprach einem Gewinnzuwachs von 25,2% im Vergleich zum Vorjahr. Die Milchviehbetriebe konnten ihr Ergebnis um 55,8% auf 144.358 Euro steigern. Eine Gewinnsteigerung von 110,4% auf 125.647 Euro weisen die BMEL-Zahlen für die Veredelungsbetriebe.
Wie auch in vergangenen Wirtschaftsjahren hatte die Betriebsgröße erneut einen spürbaren Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg. Kleinere Betriebe mit einem Standard-Output von 50.000 bis 100.000 Euro steigerten ihren Gewinn gegenüber dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr um 10,3% auf 37.023 Euro je Betrieb. Mittlere Betriebe mit einem Standard-Output von 100.000 bis 250.000 Euro kamen auf ein Plus von 30,2% und einen Gewinn von durchschnittlich 76.865 Euro. Bei großen Betrieben mit einem Standard-Output von mehr als 250.000 Euro erreichte der Gewinnzuwachs 48,4%, das durchnittliche Ergebnis 195.603 Euro.
Kritik an aus ihrer Sicht unfairen Förderpolitik äußerte die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Zwar sei 2022/23 ein "Ausnahmejahr" gewesen, dennoch haben mittlere und vor allem kleine Betriebe vergleichsweise wenig profitiert. Trotzdem würden "durchrationalisierte Großbetriebe" nach wie vor "den größten Batzen" der Einkommensgrundstützung aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union bekommen, monierte AbL-Bundesvorsitzender Martin Schulz. AgE
(21.05.2024)